von links: Malte Scholz, Ulrike Taukert, Uwe Kekeritz

Parteitag stellt Weichen für die Zukunft

Auf der Bundesdelegiertenkonferenz (BDK) der Grünen, bei anderen Par­teien heißt es Parteitag - vom 15. bis 17. November in Bielefeld haben wir den Bundesvorstand, den Partei­rat und das Bundesschiedsgericht ge­wählt. Außerdem haben wir um­fang­reiche Beschlüsse zu Wirt­schaft, Klima und Finanzen sowie Woh­nen gefasst. Unser Kreisverband wurde von Malte Scholz (18) als De­legiertem, Ulrike Taukert als Ersatz­dele­gierte sowie MdB Uwe Kekeritz vertreten.

Robert Habeck eröffnete die Bun­des­delegiertenkonferenz mit einer flammenden Rede, in der er von ei­ner anstehenden großen politi­schen Veränderung nach dem Ende der Ära Merkel sprach und Mut und Lei­denschaft für das Angehen der an­ste­henden Themen und die Ver­tei­digung der Demokratie gegen na­tio­na­listische Tendenzen anmahnte. Es gelte nun, aus der Hoffnung, die den Grünen in den letzten zwei Jah­ren entgegengebracht wurde, Wirk­lichkeit zu machen. „Wir treten in ei­ne Zeit ein, wo das Brüllen immer lau­ter wird und die Leute sich schwei­gend in die Ecke drängen“, sagte Robert Habeck, die Demo­kratie stehe unter Druck. Er forderte auf, Räume zu schaffen für Gesprä­che und lebendigen Austausch. Denn wo nur gebrüllt und geschwie­gen werde, dort gebe es keine lebendige Demokratie mehr.

Wir diskutierten an diesem Wochen­en­de die Herausforderungen der Zeit: Klimaschutz, Wohnungskrise und die Zukunft der Wirtschaft. Das Ziel: konsequente und realistische Lösungen, die für die ganze Gesell­schaft funktionieren.

Am ersten Abend des Parteitages wurde über den Antrag „Recht auf Wohnen“ entschieden. Die Dele­gierten einigten sich auf die Forde­rung, das Recht auf Wohnen als ein soziales Grundrecht in das Grund­gesetz aufzunehmen. So wollen wir die Situation bei juristischen Abwä­gungen zwischen unterschiedlichen Grundrechten – wie etwa dem Ei­gen­tum – verbessern. Gleichzeitig sieht der Beschluss eine stärkere Re­gulierung und Begrenzung von Mie­ten vor und Instrumente vor, um den Erwerb von Wohneigentum zu er­leich­tern – zum Beispiel durch ei­ne verbilligte Überlassung von Bau­land sowie vergünstigte Kredite für ge­meinschaftliche und genos­sen­schaft­liche Bauprojekte. Private Klein­erwerber*innen sollen eine ge­rin­gere Grunderwerbssteuer zah­len. Damit der Klimaschutz im Gebäude­be­reich nicht zu Mietstei­ge­rungen führt, aber trotzdem voran geht, soll die Modernisierungs­umla­ge gesenkt werden. Missstände wie Geld­wä­sche mit Immobilien und Steu­er­um­gehung sollen umfassend bekämpft werden.

Im Zusammenhang mit der Klimakri­se wurden der notwendige politische Rahmen für eine sozial-ökologische Marktwirtschaft, die Frage der globa­len Gerechtigkeit sowie der Ge­schlech­tergerechtigkeit, die Gestal­tung der Agrarwende und die grüne Wasserstofftechnologie diskutiert.

Weitere Themen waren die grüne Gesundheitspolitik, die Eskalation in Nordsyrien und die Lage im persi­schen Golf. Bei ersterem ging es um Sanktionen, bei zweitem um Dees­ka­lation.

Die sozial-ökologische Transfor­ma­tion stand im Mittelpunkt des dritten und letzten Tages des Bundespar­tei­tages. Die Delegierten einigten sich nach einer mehrere Stunden an­dauernden Debatte auf zwei um­fangreiche Beschlüsse zu Klima- und Wirtschaftspolitik. Wohlstand soll künftig von Wachstum und Wach­stum soweit möglich auch von Ressourcenverbrauch entkoppelt wer­den. Anstelle des Bruttoinlands­produktes schlägt der Beschluss ein neues Wohlstandsmaß vor und eine neue Form der Wirtschaftsbericht­er­stattung, um neben den ökonomi­schen auch ökologische, soziale und gesellschaftliche Entwicklungen zu messen. Über das Steuern-, Abga­ben- und Ordnungsrecht sollen die richtigen Rahmenbedingungen ge­schaf­fen werden für eine zukunfts­feste Wirtschaft. Der Beschluss sieht vor, die ökologische Transformation von Unternehmen durch bessere Ab­schreibungs- und Fördermög­lich­keiten zu unterstützen. Es gilt, um­welt- und klimaschädliche Subven­tionen konsequent abzubauen und den ökologischen Umbau über Quo­ten etwa für klimaneutralen Stahl planungssicher zu gestalten.

Grundsätzlich soll der Ressour­cen­verbrauch reduziert werden hin zu ei­ner klimaneutralen Wirtschaft. Durch gezielte Investitionen soll eine marode Infrastruktur wie verfallene Brücken, baufällige Schulen oder über­wucherte Bahnlinien zukunfts­fest gemacht werden. Außerdem wol­len wir einen starken europäi­schen Wirtschaftsraum schaffen, der Standards setzt und sich gegenüber konkurrierenden globalen Wirt­schafts­räumen behauptet.

Mit dem Beschluss „Handeln – und zwar jetzt!“ einigten sich die Dele­gierten am Sonntagmittag auf einen konsequenten, umfassenden und zeit­nah umsetzbaren Maßnahmen­katalog zur Eindämmung der Klima­krise. Der Beschluss sieht ein um­fangreiches Klimaschutzgesetz vor, das – im Gegensatz zu dem der Bun­desregierung – sowohl klar fest­gelegte Ziele, Maßnahmen und CO2­-Minderungspfade für alle Sek­toren als auch Sanktionsmög­lichkei­ten bei Verfehlen der Vorgaben ent­hält. Als verbindliches Ziel soll dabei das Pariser Klimaabkommen gelten. Die international vereinbarten Klima­schutzziele sollen in die Verfassung aufgenommen werden, genauso wie eine CO2-Bremse, mit der jedes neue Gesetz auf seine Klimawirk­sam­keit überprüft werden soll.

Mit einem Blick auf den laufenden Grund­satzprogramm-Prozess schloss die diesjährige Bundes­dele­giertenkonferenz. Annale­na Baer­bock und Robert Habeck wurden mit ei­nem fulminanten Ergebnis in ihrem Amt als Bundesvorsitzende bestä­tigt.

Ulrike Taukert