Ab Hof begann es zu schneien

Mit dem Hilfstransport nach Lwiw

Ende Januar startete der 7. Hilfs­trans­port von Burghaslach aus in die Ukraine, bei den Fahrten im Septem­ber und Dezember 2022 war ich dabei.

Nach Spendenaufrufen verpackten zahl­reiche Helferinnen und Helfer die gespendeten und zugekauften Waren im Kolbhaus, transportierten sie nach Burghaslach und beluden die Trans­port­fahrzeuge. In meinem Fall waren das zum einen ein Transporter und zum anderen ein Kombi mit Anhänger. Am Freitagabend ging es dann los.

Bei meiner ersten Tour waren außer mir auch der Journalist Karl-Heinz Pan­zer als „Neuling“ und mit Tomasz Rosinski ein schon erfahrener Helfer dabei. Tomasz lotste uns gut und si­cher über die polnisch/ukrainische Gren­ze zur Kontaktfamilie in Lwiw. Die 2. Tour stellte da schon eine größere Heraus­forderung dar: fremdes Auto, beide erstmals mit Hänger unterwegs und dazu dichter Schneefall. Doch wieder ging alles gut. Nach ca. 19 Stunden waren wir am Ziel. Einen Hilfstransport zu fahren bedeu­tet vor allem eines, nämlich fahren, fahren, fahren, und dazu warten, war­ten, warten.

Durch die EU und ihre offenen Gren­zen sind wir Grenz­kon­trollen nicht mehr gewohnt. Doch die Grenze zwi­schen Polen und der Ukraine bildet die EU-Außengrenze und führt noch dazu in ein vom rus­sischen Einmarsch ge­zeichnetes Kriegs­gebiet. Das macht sich schon an der Grenze bemerkbar; kurz bevor wir im Dezember die ukrai­nische Grenze passieren konnten ging plötzlich nichts mehr – Strom­ausfall. Russland hatte die Energiein­frastru­ktur der Region Lwiw bombardiert, doch zum Glück kon­nte der Schaden schnell behoben bzw. mit einem Generator überbrückt werden, so daß es bald weiter ging. Die Fahrt führte vorbei an Straßen­kontrollen, Panzer­sperren und hin und wieder zerstörten Gebäuden. Überall konnte man sehen, daß die Ukraine mitten im Aufbruch in die Moderne war, als sie durch den russischen Angriff abrupt gestoppt wur­de. Überall angefangene Neubau­ten, PV-Anlagen oder uralte neben hochmodernen Bussen und Straßen­bahnen.

Bei unserer 2. Ankunft bei der Kontakt­familie am Samstagabend war alles stockdunkel, wieder kein Strom, der aber nach kurzem wieder funktionierte. Derweil zeigten uns unsere Gast­ge­ber, mit welchen Hilfsmitteln sie die Unterbrechungen von Licht, Wärme oder Wasser überbrücken: die Bade­wanne war mit Wasser gefüllt, Akku­lampen und Kerzen sorgten für etwas Licht und eine alte Autobatterie war als Speicher zum Laden von Handys umfunktioniert worden.

Im September hatten wir die Gele­genheit, am Sonntagvormittag die Altstadt von Lwiw zu besuchen. Ihre beeindruckende Architektur erinnert ebenso an ihre österreichische Ver­gan­genheit wie die Pferdekutschen, die Straßenmusikanten und das bunte Leben auf der Straße. Und doch ist der Krieg allgegenwärtig. Überall begeg­ne­te man Männern und Frauen in Armeeuniformen, viele Kulturdenk­mä­ler waren eingerüstet, um sie vor Druckwellen und herumfliegenden Split­tern zu schützen. In den Straßen­cafes sah man zahlreiche Pärchen, denen anzusehen war, daß ein Partner entweder am nächsten Tag einrücken muß oder auf Fronturlaub war.

Tief beeindruckend war der Besuch des Soldatenfriedhofs von Lwiw, den es erst seit Februar 2022 gibt. In Lwiw gab es eine Ausbildungsstelle für jun­ge Rekruten, die eines der ersten An­griffsziele der russischen Armee war, als sie im Februar letzten Jahres von Norden kommend versuchten, Kiew zu erobern. Über 100 junge Männer wur­den bei den Angriffen auf die Kaserne getötet, und täglich kommen neue Tote von der Front im Osten und Sü­den der Ukraine hinzu.

Ob auf dem Soldatenfriedhof oder an­derswo, über­all spürt man, wie sehr die Ukrainer­innen und Ukrainer ein frei­es, selbst­bestimmtes Leben leben wollen. Sie wollen nie wieder zurück in die Zeit vor 1991, unter die Fremd­herr­schaft von Russland. Sie halten zu­sam­men, unterstützen sich gegen­seitig, wo es nur geht, und statt zu jammern haben sie ihren Humor noch immer nicht verloren. Dieser Humor blitzt auch im Stadtbild immer wieder auf, etwa wenn auf einem Markt Klopapier mit Putin-Konterfeis oder Kaffeetassen mit der untergehenden Moskwa verkauft werden.

Am frühen Sonntagnachmittag ging es dann zurück, wobei es im Dezember zu 6,5 Stunden Wartezeit an der ukrainisch-polnischen Grenze kam. Bei Minusgraden und eisigem Wind bekam man einen winzigen Eindruck davon, was Millionen Menschen in der Ukraine Tag für Tag durchmachen müs­sen.

Nach jedem Transport erhalten wir unzählige Bilder von Menschen, die unsere Spenden erhalten haben. Wenn ich dann die Freude in den Kin­deraugen über ein paar Süßig­kei­ten, ein Spielzeug oder auch nur eine Decke sehe ist auch die Freude bei mir riesig. Mitte März startet der nächste Transport und ich freue mich, wenn ich wieder dabei sein kann.

Wenn Sie spenden möchten:

Sachspenden bitte unter 09161/7761, Geldspenden zum Kauf von z.B. medi­zi­nischem Material oder für Fahrt­kosten unter: Christian Hofmann, „Spendenkonto Ukraine“, IBAN DE97 7606 9559 0107 3121 72, VR Bank Metropolregion Nürnberg (keine Spendenquittung möglich)


Ursula Pfäfflin Nefian