Maisernte – wofür?

Durch die grüne Brille gesehen ...

Weltweiter Hunger!

Sind wir verantwortlich? Was können wir tun?
Armut ist ein globales Problem und spiegelt sich in der Ernährungssituation wider – auch bei uns. 2020, also vor Inflation und Invasion, waren in Deutschland sechs Millionen Menschen, davon fast zwei Millionen Kinder von Ernährungsarmut betroffen. Inflation und Invasion (Ukraine) haben die Situation auch bei uns dramatisch verschlechtert. Eat or heat (Iss oder heize) wird in den kalten Monaten für viele Menschen weltweit die Alternative sein. Trotz der negativen Entwicklung ist unsere Situation nicht mit den Ländern des globalen Südens vergleichbar.

Die Hungerentwicklung in vielen Ländern steht mit Klimawandel, Krieg, Besitzverhältnissen, fehlenden Gesetzen, Frauenrechte und vieles mehr in Verbindung. Es gibt aber auch politische Hintergründe, die über Jahrzehnte systematisch aufgebaut wurden.

Gibt es einen Lösungsweg?

Armut und Hunger sind nicht voneinander zu trennen. Das gilt für die reichsten, aber auch ärmsten Länder. Die Differenz zwischen „Arm“ und „Reich“ wird immer größer. Diese Entwicklung enthält enorme gesellschaftliche Sprengkraft, die sich bis zur Kriegsbedrohung entwickelt. Genau diese Erkenntnis hat auch die Weltgemeinschaft und fordert deshalb in ihren Nachhaltigkeitszielen (SDG 10), die Armuts-Reichtums Schere zu schließen. Andernfalls werden wir weder Armut, Hunger, Krankheiten besiegen, saubere Luft und saubere Meere erhalten noch Bildung und Gleichberechtigung voranbringen können.

Was ist zu tun?

Viele Staaten fordern das Recht auf Ernährungssouveränität, die sowohl durch Export- und Importregelungen von Lebensmittel als auch durch das Aussetzen von gültigen Handelsverträgen erreicht werden kann. Dabei müssen die Anbaumethoden weitgehend auf biologischer Grundlage umgestellt werden, denn die Abhängigkeit von Herstellern für Saatgut, Düngemittel und Pestizide verhindert diese Souveränität.

Rasend schnelle Verbesserung in Krisensituationen – vergesst die Stilllegungsflächen!

Wir haben überall auf der Welt ausreichend Fläche, um genügend Nahrungsmittel auf biologischer Basis zu produzieren. Dies ist wegen Klima und Umwelt, aber auch aus sozialen Gründen (Arbeitsplätze) zwingend erforderlich.

Gigantisch viel fruchtbare Fläche wird nicht zur Ernährung, sondern lediglich zur Profitmaximierung eingesetzt. Täglich werden in Europa 17.000 t Rapsöl und 12.000 t Palm- und Sojaöl in Autos verbrannt, obwohl dies klimaschädlicher ist als das reine Verbrennen von Diesel oder Benzin. Im Durchschnitt hat eine Tanktfüllung Äthanol so viele Kalorien, wie eine erwachsene Person pro Jahr benötigt. Auf 10 % der weltweiten Agrarfläche werden Energiepflanzen angebaut – alternativ könnten 1,9 Mrd Menschen davon ernährt werden. Diese Zahlen belegen, dass die Diskussion über die Aktivierung von wichtigen Stilllegungsflächen völlig irrelevant ist und vom Problem ablenkt.

Auch der etwas rückläufige Fleischkonsum muss noch deutlicher gesenkt werden. Anbauflächen würden frei, es würde weniger Soja gebraucht und die Wald-Rodungen in Lateinamerika und in Afrika würden reduziert. Ein starker Rückgang des Fleischkonsums hätte positive Umwelt- und Klimawirkung und könnte zur weltweiten Ernährungssicherheit beitragen. Hinzu kämen noch gesundheitliche positive Auswirkungen, mit enormen gesamtgesellschaftlichen Kostenersparnissen.

Die Blockade der Agrarlobby muss durchbrochen werden!

Agrarlobby und Agrarkonzerne preisen immer wieder die industrielle Agrarproduktion als einziges Instrument, das die Ernährung der wachsenden Menschheit möglich macht. Die Wahrheit ist eine andere. Wir müssen global zu einer Landwirtschaft kommen, die Wasser schützt, Insekten einen ausreichenden Lebensraum bietet, Bodendegradation umkehrt und Artenvielfalt fördert. Die Klimabelastung muss minimiert werden. Eine zukunftsfähige Landwirtschaft muss genau diese gesellschaftlichen Leistungen erbringen. Da Landwirtschaft eindeutig systemrelevant ist (siehe Zukunftskommission Landwirtschaft), ist es Aufgabe der Politik, dass solche gesellschaftlichen Leistungen auch bezahlt werden. Politik hat aber nur dann eine Chance, wenn sie von den Bürger:innen mitgetragen wird. Deshalb haben alle Konsument:innen eine große Verantwortung, zukünftig durch Essgewohnheiten und Kaufverhalten einen Beitrag für die Zukunft zu leisten.

Uwe Kekeritz


Wir diskutieren das Thema weiter und freuen uns auf Ihren Besuch:

„Ukraine – unsere Landwirtschaft – weltweiter Hunger“
am Fr., 28. Oktober 2022 in Uffenheim, Stadthalle um 20.00 Uhr mit:
- Gerd Düll (Behördenleiter Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten)
- Uwe Kekeritz (langjähriger Entwicklungspolitiker, MdB a.D.).