Stefan Jordan (rechts im Bild), Vorsitzender des Grünen Ortsverbands in Scheinfeld, engagiert sich schon lange gegen Rechtsextreme.
Die große Verarsche
„Es gibt keinen schlüssigen Beweis dafür, dass das Rauchen von Zigaretten Krebs verursacht.“ … oder wie uns die Öl-Lobby zusammen mit der AfD und internationalen Netzwerken verarschen …
Während sich die Klimakrise zuspitzt und liberale Demokratien zunehmend unter Druck geraten, etabliert sich eine globale Achse zwischen rechten Parteien, fossilen Industrien, autoritären Denkfabriken und digitalen Propagandaplattformen. Die AfD (Alternative für Deutschland) agiert in diesem Netzwerk als europäischer Akteur, der US-amerikanische Strategien übernimmt und an die deutsche Realität anpasst. Sie bedient sich dabei gezielt der Werkzeuge sozialer Medien, um wissenschaftsfeindliche und antidemokratische Narrative zu verbreiten. Die psychologische Wirkung dieser Strategie auf die Bevölkerung ist tiefgreifend – und gefährlich.
1. Fossile Interessen und die Leugnung der Klimakrise
Die AfD bezeichnet den Klimawandel wahlweise als „übertrieben“, „natürlich“ oder gar als Instrument zur „Entmündigung“ der Bevölkerung. In Bundestagsreden und Parteiprogrammen spricht sie sich konsequent gegen Windkraft, CO₂-Bepreisung und das Pariser Klimaabkommen aus. (AfD-Wahlprogramm 2021) Diese Haltung ist nicht wissenschaftlich fundiert, sondern spiegelt die Interessen fossiler Energieträger wider.
Der Schulterschluss mit internationalen Klimawandelleugnern wie dem Heartland Institute oder dem CO₂ Coalition Network (USA) ist dokumentiert. Diese Organisationen finanzieren Studien, die die menschengemachte Erderwärmung infrage stellen und unterhalten enge Verbindungen zur Ölindustrie – etwa ExxonMobil oder Koch Industries (Union of Concerned Scientists 2019).
Jahrzehntelang wurden von der Tabakindustrie erfolgreich Zweifel an der Schädlichkeit des Rauchens gesät (siehe Überschrift). Fred Singer z.B., ein berühmter Physiker, hat sich von Lobbyorganisation bezahlen lassen: Er hat sowohl Zweifel gesät an Studien, die die Schädlichkeit des Passivrauchens nachgewiesen haben, wie auch an Studien zum menschgemachten Klimawandel.
2. Die Rolle autoritärer Thinktanks wie der Heritage Foundation
Die Heritage Foundation mit Sitz in Washington D.C. gilt als Taktgeber der US-amerikanischen Rechten. Mit dem „Project 2025“ legte sie 2023 ein autoritäres Regierungsprogramm vor, das eine massive Zentralisierung der Macht, die Abschaffung klimapolitischer Maßnahmen und die Einschränkung bürgerlicher Freiheitsrechte vorsieht (Project 2025).
AfD-nahe Politiker wie Beatrix von Storch und Maximilian Krah unterhalten laut Recherchen von Correctiv und Mimikama Verbindungen zu diesen Netzwerken (Correctiv 2025). Die ideologischen Parallelen sind frappierend: Sowohl in den USA als auch in Deutschland wird der „Kulturkampf“ gegen Klimaschutz, Gendergerechtigkeit und Pressefreiheit rhetorisch mit „Freiheit“ legitimiert – während de facto autoritäre Steuerung forciert wird.
3. Digitale Verstärkung: Die sozialen Medien als Brandbeschleuniger
Ein zentraler Mechanismus dieser globalen Strategie ist die Nutzung sozialer Medien. Plattformen wie Facebook, Telegram, X (Twitter) oder YouTube ermöglichen die gezielte Verbreitung von Desinformation – algorithmisch verstärkt, emotional aufgeladen und oft finanziell beworben. Studien zeigen, dass Fake News über Klimathemen auf sozialen Medien häufiger geteilt werden als wissenschaftlich korrekte Inhalte (Nature Communications 2021).
Die AfD setzt soziale Medien nicht nur zur Verbreitung ihrer Inhalte ein, sondern auch zur Mobilisierung, Feindbildkonstruktion und emotionalen Aufladung. Dabei arbeitet sie mit Influencern, Meme-Kampagnen und sogenannten „alternativen Nachrichtenportalen“ (wie AUF1, kla.tv, NIUS…) zusammen. Diese digitale Infrastruktur erlaubt es ihr, an klassischen Medien vorbei direkt in Echokammern zu kommunizieren.
4. Psychologische Effekte: Angst, Wut, Identität
Die Wirkung dieser Strategien basiert nicht nur auf Inhalten, sondern auf deren psychologischer Verarbeitung. Menschen sind besonders empfänglich für einfache Erklärungen in Krisenzeiten. Autoritäre Bewegungen nutzen diese psychologische Offenheit gezielt:
- Kognitive Vereinfachung: Komplexe Sachverhalte wie der Klimawandel werden auf einfache Schuldnarrative reduziert („Grüne zerstören unsere Wirtschaft“).
- Emotionale Mobilisierung: Inhalte, die Angst oder Wut auslösen, verbreiten sich viraler. Wut gegen „Eliten“ oder Angst vor „Verlust“ (Arbeitsplatz, Auto, Fleisch) werden gezielt getriggert.
- Gruppenzugehörigkeit: Narrative wie „Wir gegen die“ stärken das Gemeinschaftsgefühl innerhalb rechter Szenen. Dies fördert Radikalisierung und Realitätsverweigerung.
Die AfD verwendet diese psychologischen Mechanismen systematisch. Studien aus der politischen Psychologie zeigen, dass autoritäres Denken besonders unter Personen mit Bedrohungserleben, Kontrollverlust oder Identitätsunsicherheit verbreitet ist (Duckitt & Sibley 2009).
5. Internationale Vernetzung als Strategie
Die AfD ist Teil eines transnationalen Netzwerks rechter Parteien, das sich über die Fraktion „Identität und Demokratie“ im EU-Parlament, gemeinsame Konferenzen und Thinktanks wie das „Mathias Corvinus Collegium“ (Ungarn) organisiert. Diese Allianzen teilen Narrative, Strategien und Ressourcen. Die Verbindungen reichen bis in die Trump-nahe Alt-Right-Szene, zu Steve Bannon und Akteuren wie dem CPAC (Conservative Political Action Conference).
Die Klimakrise dient in diesem Kontext nicht als Warnsignal, sondern als Projektionsfläche für einen Angriff auf liberale Werte. Wer den Klimaschutz delegitimiert, unterminiert internationale Kooperation, wissenschaftliche Rationalität und intergenerationelle Gerechtigkeit.
Fazit: Eine orchestrierte Gefahr für Klima und Demokratie
Was auf den ersten Blick wie nationale Politik aussieht, ist in Wahrheit Teil einer globalen Strategie: Fossile Interessen, rechte Ideologien und digitale Kommunikationsmacht vereinen sich, um den ökologischen Wandel zu stoppen und autoritäre Herrschaftsformen zu stärken. Die AfD ist dabei ein besonders sichtbares Beispiel in Deutschland.
Die Kombination aus ökonomischen Interessen, emotionalisierter Kommunikation, psychologischer Manipulation und digitaler Verstärkung stellt eine ernsthafte Gefahr dar – nicht nur für das Klima, sondern für die Demokratie selbst.
Stefan Jordan
Quellen (Auswahl):
- https://www.project2025.org/
- https://www.afd.de/wahlprogramm/
- https://www.mimikama.org/en/act-9-project-2025-america-39-s-attack-democracy/
- https://correctiv.org/aktuelles/lobbyismus/2025/03/19/heritage-foundation-trumps-verbuendete-im-bundestag/
- https://www.heritage.org/
- https://www.nature.com/articles/s41467-021-20901-2
- https://www.republik.ch/2023/08/31/wie-die-autoritaere-internationale-die-demokratie-aushebelt
- Duckitt, J., & Sibley, C. G. (2009). A dual-process motivational model of ideology, politics, and prejudice. Psychological Inquiry, 20(2–3), 98–109.
- https://www.ucsusa.org/resources/coalition-against-science





