Hitzespaziergang „Heiße Themen - kühle Plätze“
Alte Bäume in der Stadtmitte
Los ging es um 10 Uhr auf dem Marktplatz. Die Vorsitzenden des Ortsvereins Burgbernheim Gudrun Schiestl-Frank und Felix Gerstner begrüßten die Teilnehmenden und übergaben das Wort an Kathrin Feindert, die durch die Stadt führte. Die erste Station war direkt der Marktplatz. Kathrin Feinert konnte das Alter der Robinien mithilfe des „Alt-Bernemer Bilderbüchla“ auf etwa 100 Jahre bestimmen. Das verdeutlicht, dass Stadtbegrünung eine sehr langfristige Angelegenheit ist.
Den kühlenden Effekt von Bäumen konnte Kathrin Feindert mit Temperaturmessungen demonstrieren. Da es am Tag des Spaziergangs bewölkt und eher kühl war, hat sie bereits am 19.07.2025 bei einer Lufttemperatur von 33 °C die Oberflächentemperatur am Marktplatz gemessen. In der sonnigen Mitte des Platzes betrug diese 43,5 °C, während es auf den Pflastersteinen unter den Robinien 28 °C waren.
Wenige Meter vom Marktplatz entfernt in Richtung Rathaus befindet sich eine große alte Linde. Sie hat einen Umfang von 2,9 m, was auf ein Alter von 150 bis 200 Jahren schließen lässt. Ein Baum von dieser Größe verdunstet am Tag über seine etwa 100.000 Blätter etwa 200 l und kühlt dadurch das Stadtklima. Über Photosynthese erzeugt er dabei Sauerstoff. „Statistisch gesehen bräuchte jeder Mensch für den Sauerstoff, den wir verbrauchen, drei Linden von dieser Größe“, merkte Kathrin Feindert an.
Hitze und Hitzetote im Bürgergarten
Wir setzten unseren Spaziergang Richtung Bürgergarten fort. Dabei querten wir den Sulzbach. Bäche wie dieser und andere offene Wasserflächen kühlen durch die Verdunstung die Umgebung. Allerdings ist der Sulzbach an vielen Stellen im Stadtgebiet in unterirdischen Kanälen und kann dadurch an diesen Orten nicht zur Kühlung des Stadtklimas beitragen. Am Bürgergarten angekommen stellte Felix Gerstner seine Auswertung der Hitzetage seit 1947 an der nahegelegen Wetterstation des Deutschen Wetterdienstes in Rothenburg o. d. T. vor. Hitzetage sind Tage, an denen die Tageshöchsttemperatur 30 °C erreicht oder überschreitet. Bei der Anzahl der Hitzetage pro Jahr gibt es zwar erhebliche Schwankungen, es lässt sich aber eine in den letzten Jahrzehnten eine deutliche Steigerung der Hitzetage erkennen. In den Jahren 1977 bis 1979 lag die die Tageshöchsttemperatur in Rothenburg an keinem einzigem Tag über 30 °C. „Das ist heute kaum mehr vorstellbar“, merkte Felix Gerstner an.
Felix Gerstner zitierte aus der Studie Climate change tripled heat-related deaths in early summer European heatwave, die die Hitzewelle in Europa vom 23. Juni bis 2 Juli 2025 in zwölf europäischen Städten mit zusammen mehr als 30 Millionen Einwohnern untersucht. Die Autorinnen und Autoren schätzen mit etablierten Modellen, dass in den untersuchten Städten 2305 Menschen an der Hitze starben, von denen sie 65 % auf die menschengemachte Erderhitzung zurückführen konnten. Eine solche Hitzewelle ist kein seltenes Ereignis mehr, sondern alle zwei bis fünf Sommer zu erwarten. Hitzewellen dieser Häufigkeit wären ohne globale Erhitzung 2 °C bis 4 °C kühler. Eine frühere Arbeit konnte zeigen, dass während des Sommers 2022 über 60.000 Menschen in Europa an den Folgen extremer Hitze starben. „Die Hitzetoten zeigen uns, dass die Klimakrise bereits heute und auch bei uns in Mitteleuropa für viele Menschen tödlich ist“, schlussfolgert Felix Gerstner. Die sich fortsetzende Erhitzung der Erdatmosphäre lasse einen deutlichen Anstieg der hitzebedingten Toten erwarten. Er fordert: „Wir brauchen deutlich mehr Anstrengungen, um einerseits die Erderhitzung auf ein Niveau von deutlich unter 2 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen und andererseits unsere Städte und Dörfer besser an die Hitzewellen anzupassen. So können wir viele hitzebedingte Todesfälle in Zukunft vermeiden.“
Der Bürgergarten selbst ist kein gutes Beispiel dafür, wie man öffentliche Plätze klimaresistent gestalten kann. Große Teile des Platzes sind gepflastert. Der neu gepflanzte, noch wenige Jahre junge Baum in der Mitte, kann dem Platz und den darauf installierten Seniorensportgeräten kaum Schatten spenden. An einem Ende des Platzes, an dem bis vor wenigen Jahren noch ein alter Nussbaum stand, befindet sich nun nur noch ein Blumenbeet. Kathrin Feindert nimmt an, dass der Baum das Anlagen einer Bauminsel und das Aufschütten des Bereichs um ihn herum im Zuge des Anlegens des Bürgergartens nicht überlebt hat. Auch im Bürgergarten hat sie am 19.07. die Oberflächentemperatur gemessen. Am heißesten war es auf dem Belag um die Seniorensportgeräte, der sich auf 65 °C erhitzte.
Grüne Lunge Burgbernheims
Unser Weg führte uns in das Gebiet „Hinter den Gärten“. Dieses Gebiet darf, wie auch eine Fläche zwischen Rodgasse und Pointweg, nicht bebaut werden, weshalb es auch als „grüne Lunge Burgbernheims“ bezeichnet wird. Mehrere alte Eichen spenden Schatten und kühlen ihre Umgebung an heißen Tagen merklich ab. Am 19.07. maß Kathrin Feindert unter einer alten Eiche eine Oberflächentemperatur von 24 °C. Allerdings kritisierte sie, dass es in Burgbernheim keine Baumschutzverordnung gebe. Die privaten Eigentümer der Bäume könnten, wenn sie wollten, die alten Eichen einfach fällen. Es würde Jahrzehnte bis Jahrhunderte dauern, bis Bäume mit der gleichen kühlenden Wirkung nachgewachsen seien.
Hitzeinsel vor dem Supermarkt
Wir setzten unseren Spaziergang zum Parkplatz des Edeka-Markts Scharrer fort. Der Supermarkt wurde mitsamt Parkplatz vor wenigen Jahren neu errichtet. Von den im Bebauungsplan eingezeichneten Bäumen war keiner zu sehen. Stattdessen eröffnete sich den Spaziergängern eine große, graue, asphaltierte oder gepflasterte Fläche. Mehrere Teilnehmende des Spaziergangs konnten nicht nachvollziehen, weshalb überhaupt ein so großer Parkplatz angelegt worden sei, denn dieser sei nie ausgelastet. Am heißen 19. Juli maß Kathrin Feindert hier eine Oberflächentemperatur von 55 °C. Den trostlosen Anblick nahmen die teilnehmenden Kinder am Spaziergang als Anlass, um Bäume mit Straßenkreide auf dem Platz zu malen.
Ende an der Friedenseiche
Die letzte Etappe des Spaziergangs führte zur Friedenseiche. Dort bedankten sich die beiden Vorsitzenden bei den Teilnehmenden für ihre Teilnahme. Gudrun Schiestl-Frank fasste zusammen: „Nach unserem Spaziergang wissen wir nun, was in Sachen Hitzeschutz in Burgbernheim gut läuft, aber auch wo es noch Nachholbedarf gibt. Jetzt ist es wichtig, dass der Bürgermeister und die Stadtverwaltung die erforderlichen Maßnahmen zum Hitzeschutz ergreifen, damit wir auch in Zukunft angenehme Sommer in Burgbernheim genießen können.“