„Um das Thema Visionen nochmals aufzugreifen...“- Haushaltsrede 2020
Zu allererst möchte ich der Kämmerei und allen voran Klaus Schuster danken für die vielen
 beantworteten Fragen im Vorfeld, um den Haushalt 2020 und die Rechnungsergebnisse der
 Vorjahre zu verstehen. Der Haushalt ist hervorragend aufbereitet!
 Beginnen möchte ich mit einem kurzen Rückblick als Basis für den Haushalt 2020. Wir
 haben in den vergangenen 10 Jahren - 2010 bis 2019 - die städtischen Schulden um gut
 11,5 Mio€ tilgen können und gleichzeitig die Rücklage um gut 10,1 Mio€ erhöht. Macht ein
 Plus von gut 21,7 Mio€. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wie dieser enorme
 Geldvermögenszuwachs zu Stande kam. Die Antwort ist in unseren Augen leider keine
 ausnahmslos erfreuliche. Wir haben in den vergangenen Jahren die Personalausgaben
 reduziert, wir haben viele wichtige Investitionen verschoben und wir haben von den
 Vorjahren profitiert, wodurch wir bereits angeschafftes Grundvermögen veräußert haben, so
 dass aktuell kein Bauplatz für Gewerbe oder Wohnen in städtischem Besitz ist.
 Unsere Ausgaben für Baumaßnahmen bewegten sich in den vergangenen Jahren zwischen
 1.402 TEUR (2010) und 5.670 TEUR (2019). Im Schnitt haben wir nicht einmal 3,3 Mio€ pro
 Jahr ausgegeben. Dieses enorm sparsame Wirtschaften der Vergangenheit bietet uns nun
 viel Potential zur Gestaltung.
 Was bedeutet das für die Zukunft? Wir haben einen Berg an Investitionen vor uns, die
 dringend notwendig sind. Nachdem wir die Planungen für die neuen Baugebiete bereits im
 Haushalt 2019 korrigiert haben, was wir gefordert hatten, sehen wir keine Positionen, die
 gestrichen werden können. Lediglich die Dimension einzelner Projekte sollte nochmals auf
 den Prüfstand, wie von unserem Kämmerer im Vorbericht gefordert. Aufschiebbare Visionen
 können wir nicht entdecken. Wie wir aus den vergangenen Jahren sehen, wären auch
 Mehrausgaben in Höhe von durchschnittlich knapp 2,2 Mio€ plus Förderungen, was bei
 durchschnittlichen Förderquoten von 60% mögliche Mehrinvestitionen in Höhe von 5,4 Mio€
 entspricht, - abzüglich der Veräußerungserlöse des Anlagevermögens - pro Jahr
 finanzierbar gewesen, ohne das Geldvermögen der Stadt zu verringern oder Schulden
 aufnehmen zu müssen. Unter diesen Gesichtspunkten ist der Vermögenshaushalt plötzlich
 gar nicht mehr so weit von der möglichen Realität der aktuellen Wahlperiode entfernt.
 Jetzt stellt sich die Frage, woran es in der Vergangenheit gelegen hat, dass diese nötigen
 Investitionen nicht realisiert wurden und was geändert werden muss, dass die Zukunft
 unserer Stadt nicht aus einem vollen Bankkonto besteht, während unsere Kinder nicht
 betreut werden können, das Nürnberger Tor als unser Wahrzeichen einsturzgefährdet ist,
 unsere Straßen sanierungsbedürftig sind, unsere Innenstadt leer steht, Neustädter
 Nachwuchs keinen Wohnraum findet, ansässige Unternehmen keine
 Erweiterungsmöglichkeiten haben und die ehrenamtlichen Feuerwehrleute nach einem
 Einsatz nicht einmal in Ihrem Gerätehaus duschen können.
Nachdem in jedem Jahr der Haushalt großzügig beschlossen wurde und die Ausgaben der
 Verwaltung zur Verfügung standen, muss es uns in Zukunft gelingen, den beschlossenen
 Haushalt nicht nur mit wichtigen Projekten zu füllen, sondern ihn auch zeitnah umzusetzen.
 Hier sehen wir den Bürgermeister in der Pflicht, die Verwaltung entsprechend auszustatten
 und mit Ihr die Umsetzung zu realisieren. Die mangelnde zeitnahe und intransparente
 Umsetzung der Beschlüsse muss verbessert werden.
 Um das Thema Visionen nochmals aufzugreifen, hätten wir da auch noch ein paar Ideen, die
 vielleicht gar nicht so teuer sind oder sich über die Zeit selbst finanzieren.
Wir denken, dass anhand einer Prioritätenliste die Abarbeitung der geplanten Investitionen
 transparenter, effektiver, nachvollziehbarer und damit günstiger funktioniert. Diese wurde
 auch von anderen Fraktionen mehrfach gewünscht, aber nie geliefert.
 Wir sollten auch in den aktuellen Zeiten den Klima- und Umweltschutz nicht aus den Augen
 verlieren. Sie sind eminent wichtig für unsere Zukunft. Es reicht nicht auf den Staat zu
 warten, sondern wir als Kommune müssen selbst die Initiative ergreifen, z.B. bei den
 regenerativen Energien, bei der Energieeinsparung, beim Erhalt und der Neuanpflanzung
 insektenfreundlicher Bäume. Bezüglich der städtischen Bauten sind wir auf einem guten
 Weg, den wir nicht verlassen dürfen. Wir haben ein Gewässerentwicklungskonzept erstellen
 lassen, dass eine hervorragende Grundlage bietet für entsprechende geförderte
 Maßnahmen. Wir dürfen hier nicht weiter auf die Bremse treten, da diese Investitionen jetzt
 gefördert werden und einmalig sind ohne großartige zu erwartende Folgekosten. Wir sparen
 sie uns nicht, indem wir sie verschieben. Saubere und natürliche Gewässer steigern die
 Lebensqualität aller Neustädter. Auch sind für neue Baugebiete moderne
 Energieversorgungssysteme unverzichtbar und finanzieren sich bei der Stadt über den
 Verkauf der Grundstücke bzw. bei den Käufern amortisiert sich diese Investition in den
 kommenden Jahren.
 Unsere Förderprogramme und Zuschüsse stehen im Haushalt und werden kaum - Stand
 15.06.: 0,28% - abgerufen. Diese Förderungen sind oft Zuschüsse zu viel größeren
 Investitionen in unserer Stadt, wovon alle profitieren. Entweder sind die Programme zu
 wenig bekannt oder zu restriktiv, woran wir arbeiten müssen.
 Die Visionäre sind auch gefragt, wenn es um die Zukunft des Areals des aktuellen
 Feuerwehrgerätehaus und des ehemaligen Finanzamts geht. Eine Machbarkeitsstudie
 wurde beschlossen, aber auch hier fehlt es noch an der Umsetzung. Hier sehen wir viele
 Gestaltungs- und Einflussmöglichkeiten der Stadt, die wir frühzeitig beraten und beschließen
 sollten. Hier entstehen Möglichkeiten für diversen Wohnungsbau, Kinderbetreuung und
 Geschäftsräume. Auch in Zukunft hilft ein Areal in dieser Lage, die Entwicklung unserer
 Innenstadt aktiv zu gestalten. Einen einfallsloser Verkauf an Investoren darf es auf keinen
 Fall geben. Warum sollte ein Investor mit Gewinnerzielungsabsicht, der neben den
 Baukosten auch den Grunderwerb finanzieren muss, ein solches Projekt stemmen können?
 Weil es sich letztlich über die Mieten selbst finanziert - auch für die Stadt.
Zuletzt würden wir uns einen gemeinsam erarbeiteten Plan für unsere Altstadt bzw.
 Innenstadt wünschen. Wir haben viele Einzelmaßnahmen beschlossen, die in unserem
 Haushalt stehen. Wenn wir wie in der Vergangenheit hier immer nur das größte Loch
 stopfen, werden wir am Ende eine Innenstadt haben, deren Gestaltung nicht
 zusammenpasst und mit Sicherheit haben wir mit dieser Herangehensweise keinen Euro
 gespart. Wir könnten uns sehr gut ein sogenanntes Shared Space Konzept vorstellen,
 wonach alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt sind. Damit hätten wir anschließend
 sicherlich nicht weniger Parkplätze in der Innenstadt zur Verfügung, könnten flexibel Bäume
 pflanzen, würden den Durchgangsverkehr reduzieren und verlangsamen, was am Ende eine
 bedeutende Entlastung für die Verkehrsführung am Plärrer mit sich bringen könnte, der nach
 der Erweiterung des Buchbergs mit Sicherheit an seine Belastungsgrenze gebracht wird
 oder sogar darüber hinaus. Wir hätten damit ein Konzept für eine freundliche, moderne und
 einladende Innenstadt, das bereits in anderen Städten - völlig unabhängig von deren Größe
 - viel Lebensqualität und Attraktivität mit sich gebracht hat. Unsere Innenstadt lebt und wir
 dürfen den Zeitpunkt nicht verpassen, an dem ein Leerstand den nächsten bedingt. Dann ist
 eine Wiederbelebung schwer bis unmöglich. Auch hier gibt es eine Reihe von traurigen
 Beispielen.
 Die Corona-Pandemie wird uns weiter belasten, auch wenn die Gewerbesteuerausfälle
 voraussichtlich teilweise oder sogar vollständig über Bund und Land kompensiert werden
 dieses Jahr. Deshalb sollten wir durchaus weiter Rücklagen belassen, um zukünftige
 Engpässe beheben zu können. Allein für den Grundstückskauf für die zwei neuen
 Wohngebiete und ihre Erschließung werden wir mit knapp 10 Mio€ bis 2022 in Vorleistung
 gehen müssen. Wie aber bereits erläutert, gibt es dennoch Spielraum für mehr Investitionen
 ohne die Rücklagen entscheidend und langfristig aufzubrauchen.
 Zum Schluss bleibt uns nur zu sagen, dass wir viel wichtiges und richtiges in diesem
 Stadtrat bereits beschlossen haben, für dessen Umsetzung nun bitte schnell die
 Voraussetzungen geschaffen werden.
                





